Baugeschichte der Kreuzkirche

Ägidienkapelle

Die heutige evangelische Pfarrkirche Zum Heiligen Kreuz hatte einen Vorgängerbau, der einer barocken Inschrift zufolge 1354 erbaut worden ist. Nähere Angaben gibt es leider nicht. Die Kapelle war dem Heiligen Ägidius geweiht. Sie diente als Pfortenkapelle des Klosters, denn bis ins 18. Jahrhundert war hier der Hauptzugang zum Kloster.

Es war allgemein üblich, dass am Tor eines Klosters eine Kapelle stand.

1699 wurde die Kapelle mit einem Turm versehen und renoviert.

 

Kirche Zum Heiligen Kreuz

Zwischen 1728 und 1735 ließ Abt Martinus Graff die Kapelle in zwei Bauphasen zur heutigen Kirche ausbauen. Wir können nicht sagen, was dabei vom gotischen Kapellenbau erhalten blieb bzw. verwendet wurde. Auf einem Gemälde hält Abt Martinus den Grundriss der Kreuzkirche in seiner Hand und weist sich damit als ihr Bauherr aus.

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Kreuzkirche, Grundriss Salesch

Der Kirchenbau besteht aus einer dreischiffigen, gewölbten Halle auf kreuzförmigem Grundriss mit halbrunder Apsis. Das Querhaus wird allerdings nur angedeutet. Es entsteht im Grunde nur dadurch, dass die Seitenschiffe des Langhauses durch eine Mauer abgetrennt und als Teil des Querhauses definiert wurden. Nach Außen treten die Querhausarme nur als vorspringende Risalite in Erscheinung. Diese bauliche Lösung hat sicherlich auch einen statischen Grund: Die Seitenwände des Querhauses können das Gewicht der großen Kuppel aufnehmen, was ansonsten nur durch die Pfeiler hätte geschehen können. Die hohe Zwickelkuppel mit Tambour und durchbrochener Laterne gibt der Kreuzkirche ein besonderes architektonisches Zentrum.

Der Grundriss der Kreuzkirche erinnert an die Jesuitenkirche Il Gesu in Rom, die aber kein direktes Vorbild war. Il Gesu hat viele Nachahmer gefunden und wurde zu einem typischen Kirchenbau der Katholischen Konfessionalisierung („Gegenreformation“). Ihr Grundprinzip ist die architektonische Verschmelzung von Langhaus und Zentralbau. Da Il Gesu immer wieder mit der Kreuzkirche in Neuzelle verglichen wird, sollen hier die gravierende Unterschiede hervorgehoben werden: Il Gesu ist wie die meisten römischen Kirchen eine Basilika, in deren Seitenschiffen verschiedene Kapellen untergebracht sind. Das Hauptschiff wirkt deshalb als ein großer Raum. Die Vierung wird von einer großen Kuppel überwölbt. Da die Querhausarme der Kirche Il Gesu als besondere Kapellenräume eingerichtet sind (Kapelle des Heiligen Franz Xaver und Kapelle des Heiligen Ignatius)  treten sie räumlich stark hervor. Die halbrunde Apsis mit dem Hochaltar ist von der Vierung durch ein weiteres Kirchenjoch getrennt. Seitlich sind zwei weitere Kapellen untergebracht. Der überwältigende Raumeindruck wird unterstützt durch ein umfangreiches Figuren- und Bildprogramm. Die Fresken von Giovanni Battista Gaulli (genannt Baciccia) sprengen im wahrsten Sinne des Wortes jeden Rahmen.  Mit einer Länge von 65 m, einer Breite von 35 m, einer Raumhöhe von 25 m und einer Kuppelhöhe von 50 m ist Il Gesu etwa 6mal so groß wie die Kreuzkirche in Neuzelle.

Die Besonderheit der Neuzeller Kreuzkirche liegt eigentlich in seiner räumlichen Begrenztheit. Hier ist nichts ausladend und überwältigend sondern sehr familiär. Im Bildprogramm des Kirchenraumes tritt Jesus mit seinem „Sozialprogramm“, den Seligpreisungen aus der Bergpredigt, auf. Er selbst ist allerdings nur „einer unter vielen“, zum Beispiel ein Spielkamerad Johannes des Täufers. Es sind Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, die hier zusammen gefügt sind. Die Seligpreisungen werden nicht als Allegorien dargestellt, wie an anderen Orten oft. Sie sind sind wie eine Quintessenz der ganzen Bibel aufgemalt und dienen wunderbar als Anschauungsobjekte für Predigten.

Im Altarraum steht Jesus Christus dann aber im Mittelpunkt. Es wird die Kreuzigungsszene gezeigt, der qualvolle Tod Jesu als Symbol für den neuen Bund, den Gott mit den Menschen schließt.In einer großen Anzahl werden die verschiedenen Leidenswerkzeuge, die Arma Christi, von Engeln und Putten gen Himmel getragen. Direkt über dem Altar schwebt Gott. Es ist eine ungewöhnliche Position, denn Gott hängt etwas krumm im Gewölbe. Doch auch das hat seinen Grund: Gott ist die Brücke zwischen dem irdischen Dasein und dem himmlischen. Seine Gestalt verbindet den leidenden Jesus am Hochaltar mit dem triumphierenden Jesus im Himmel, der in der großen Kuppel dargestellt ist.

Das große Kuppelfresko ist mit 125 qm das größte in der Niederlausitz. Es zeigt die wichtigsten Personen des Neuen Testaments und einige Propheten des Alten Testaments. Auch hier ist also wieder die enge Verbindung zwischen den beiden Testamenten thematisiert: Das Neue Testament als Erfüllung der Prophezeiungen. Jesus ist der Erlöser!

Das Kuppelfresko hält aber noch eine weitere Besonderheit parat; eine Botschaft, die sich an den Priester richtet. Nur er kann sie sehen. Der christliche Glaube wird ermöglicht durch weltliche „Herrscher“. Stellvertretend sind Leopold III. und Rudolf I. von Habsburg dargestellt. Leopold sicherlich als Förderer der Zisterzienser. Er gründete das erste Zisterzienserkloster außerhalb Frankreichs (Heiliggrab bei Wien). Rudolf als Gründer der Habsburg-Dynastie, denn die Habsburger waren seinerzeit die Garantiemacht für die Katholiken in Europa. Für das Kloster Neuzelle, das eine Enklave im reformierten Norddeutschland war, kein unwichtiger Hinweis.

Architektur und Ausgestaltung der Kirche Zum Heiligen Kreuzen folgen also einem theologischen Programm, dass von der katholischen Konfessionalisierung geprägt ist.

Westfassade

Die Türme der Kreuzkirche wurden 1850 erneuert.