Altarraum mit Hochaltar

Der halbrunde Altarraum wurde bis 1740 an den spätgotischen Kirchenraum angebaut. Ganz oben über dem Hochaltar hängt ein Medaillon mit der Inschrift „MA NC 1740″ (Martinus Abbas Nova Cella 1740“. Wahrscheinlich besaß der Kirchenraum zuvor einen geraden Ostabschluss. Von außen sind über dem barocken Anbau noch die spätgotischen Strukturen an der Fassade zu erkennen, die auf einen solchen Abschluss hindeuten. Der gesamte Altarraum wird von dem monumentalen Hochaltar eingenommen, der in schönster barocker Manier Architektur und Ausstattung miteinander verbindet. Der Hochaltar besteht aus einer Säulenarchitektur mit lebhaften Architraven (horizontales Gebälkstück über einer Säulenreihe) aus Stuckmarmor. Er ist in Dunkelrot und Grau gehalten und an Basen und Kapitellen vergoldet. Oberhalb des Altarbildes wechselt die Farbe ins Orangerote. Zahlreiche Figuren sind in diese Architektur eingestellt.

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Emmaus-Gruppe und Himmelfahrt Mariens

Im Hochaltar ist die theologische Kern-Aussage des Klosters Neuzelle zusammengefasst und monumental gesteigert. Dargestellt ist der Sinn und Zweck des mönchischen Lebens: Die religiöse Erkenntnis. Dies wird am Sockel des Hochalters durch die so genannte Emmaus-Gruppe thematisiert. Wir sehen Jesus, der hinter dem Tabernakel sitzt. Er bricht das Brot bricht und spricht den Segen. Neben ihm sitzen zwei seiner Jünger, die Jesus in diesem Augenblick erkennen. Gestik und Mimik weisen auf ihre Überraschung und ihre Anbetung hin. (Diese Gesten werden von zwei frechen Putten über der Szene imitiert.) Mit der Emmaus-Szene verweist der Hochaltar auf das westliche Eingangsportal. Dort ist ein Relief angebracht, dass die beiden Jünger und Jesus auf ihrem gemeinsamen Weg von Jerusalem nach Emmaus zeigt. Nach seiner Auferstehung ist Jesus mehreren Personen erschienen. Zwei seiner Jünger hat er nach Emmaus begleitet. Sie haben sich angeregt unterhalten und angesehen. Doch erkannt haben ihn die Weggefährten erst am Abend beim Brechen des Brotes. Die religiöse Erkenntnis ist also das Ziel unseres Weges, das in Neuzelle am Hochaltar erreicht wird.

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Hochaltar: Emmaus-Gruppe

Das zentrale Bild des Hochaltars ist ein großformatiges Gemälde mit der Himmelfahrt Mariens. Maria steigt mit wehendem blauen Umhang und ausgebreiteten Armen in den Himmel empor. Sie wird von zahlreichen Engeln und Putten begleitet und von Blumen umrankt. Rechts unten ist ihr Sarkophag zu erkennen, der von den trauernden Aposteln umringt wird. Links stehen mehrere Engel, die einen Anker als Symbol der Hoffnung, sowie ein Kelch und ein Kreuz als Symbol des Glaubens halten. Die Marienverehrung spielte für den Orden der Zisterzienser eine bedeutende Rolle. Alle Zisterzienserkirchen sind der Maria geweiht.

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Hochaltar: Tafelbild Mariens Himmelfahrt

Weiter nach oben wird aus dem Tafelbild ein plastisches Geschehen. Den Übergang bildet ein von zwei Putten getragenes Medaillon mit der Inschrift „Gloria Pater et Filio et Spiritu Sancto Amen“ Darüber wird die Architektur durch einen Strahlenkranz unterbrochen, in dem die Taube als Symbol des Heiligen Geistes schwebt. Hinter der Taube ist ein gelbes Fenster angebracht, dass das Tageslicht effektvoll hereinscheinen lässt. Das Licht spielt in der barocken Gestaltung eine wesentliche Rolle. Zahlreiche Putten umflattern die Taube. Zwei Engel links und rechts lobpreisen Maria. Über dieser Zwischenszene ist wieder ein Stück Architektur zu sehen. Hier halten zwei Putten die Krone Mariens. Die Putten des Hochaltars sind recht keck und fröhlich geraten. Es sieht fast so aus, als wenn der eine Putto versucht, sich die Krone selbst auf den Kopf zu setzen. Über ihm schwebt ein anderer Putto, der schwer an den Herrschaftsinsignien Gottes zu tragen hat.

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Hochaltar: Dreifaltigkeit

In einem als Dreieck aufgebauten dunklen Raum sitzen Jesus und Gott. Jesus weist auf seine Wundmahle hin und hält das Kreuz als Zeichen seines Opfertodes in der Hand. Auch diese Figurengruppe wird von einem goldenen Strahlenkranz und zahlreichen Putten bzw. geflügelten Puttenköpfen umgeben. Im stuckverzierten Gewölbe geht die Ornamentik dann wieder in eine Freskomalerei über, die einen gelblichen Himmel mit mehreren Putten zeigt. Insgesamt reicht der Hochaltar also vom irdischen Geschehen (Emmaus-Gruppe) bis hoch in den Himmel hinein. Das verbindende Element ist in diesem Fall Maria, die ihr irdisches Grab verlässt, um ihren Platz im Himmel einzunehmen. Unsere Hoffnung und unser Glaube begleiten sie dabei.

Die streitende und die triumphierende Kirche

Der Hochaltar besteht aus dem eben beschrieben Mittelstück und zwei Seitenteilen, sodass das gesamte Halbrund des Altarraumes vom Altar eingenommen wird. Die Säulenarchitektur aus dunkelrotem Stuckmarmor ist in drei Zonen aufgebaut. Darüber erhebt sich nur im Mittelteil eine vierte Zone mit Gott und Jesus. Die unterste Zone repräsentiert die Ebene des irdische Lebens. Im Mittelteil ist hier die Emmaus-Gruppe dargestellt. Darüber befindet sich eine Zone, die die Verbindung zwischen Erde und Himmel herstellt. Hier wird im Mittelteil die Himmelfahrt Mariens gezeigt. Die Seitenteile zeigen drei Figurenpaare, die stellvertretend für die streitende christliche Kirche stehen. Dies ist die Zone, in der noch um den rechten Glauben und gegen den Satan gestritten werden muss: 1) Kirchengründer Petrus mit Schlüssel und Buch auf der linken Seite, Apostel Paulus mit Schwert und Buch auf der rechten Seite. 2) Links: Papst Clemens I. mit Osterlamm (mit Kreuzfahne als Zeichen der Himmelfahrt Christi). Der Legende nach hat ihm ein Lamm auf eine Quelle aufmerksam gemacht, die Clemens zur Versorgung Gefangener nutzen konnte. Die Kirche zeigt uns den rechten Weg. Rechts: Papst Gregor der Große mit Buch und Stab sowie einem übermütigen Putto zu seinen Füßen. Die Kirche weist uns in die Schranken.  3) Ganz außen stehen zwei Streiter des Glaubens. Der Märtyrer Florian in Rüstung und Umhang mit Schwert, Fahne, Weihrauchgefäß, Flammenbüschel sowie einem getöteten König zu seinen Füßen (links). Dies ist eine ungewöhnliche Darstellung des Heiligen Florian, die den Schwerpunkt auf seine Standhaftigkeit setzt. Ins Gespräch gebracht wurden auch Konstantin der Große und der Heilige Floridus für diese Figur. Auf der rechten Seite steht der Heilige Georg mit Lanze und dem getöteten Drachen (rechts). Er streitet gegen die bösen Mächte, die uns von Außen bedrängen.

Auf der dritten Altarzone ist die triumphierende Kirche dargestellt. Wir erkennen verschiedene Engel, Putten und Märtyrer. In der Nähe des Mittelteils halten einige Putten ein Dreieck (links) und einen Kreis (rechts) als Sinnbilder der Dreifaltigkeit bzw. der göttlichen All-Einheit. Als Märtyrer ist rechts der Heilige Laurentius von Rom (? – 258) zu erkennen. Triumphierend zeigt er uns das Bratrost, auf dem er zu Tode gefoltert wurde. Auf der linken Seite ist der Heilige Ignatius dargestellt.

Portale

An Nord- und Südseite schließt sich zum Kirchenraum hin jeweils ein barockes Portal an, das mit floralen Ornamenten bekrönt und mit ranghohen Engelsfiguren (4 Cherubim) flankiert wird. Die Cherubim bilden zusammen mit den Seraphim die oberste der neun Engelhirarchien. Nach dem Alten Testament gehören sie zu den Begleitern Gottes als Wächter des Paradieses und als Bewacher der Bundeslade. Ein Cherub besitzt zwei Flügelpaare und ein Seraph drei Flügelpaare. In Neuzelle sind die Cherubim menschenähnlich dargestellt mit einem Flügelpaar auf dem Rücken und einem Flügelpaar an Stelle der Beine.

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Altarraum, Nordportal

Decken- und Wandgemälde

Die beiden Deckengemälde im Altarraum sind ein Lobpreis Gottes. Auf dem östlichen Bild hält Gott das Buch mit den sieben Siegeln. Das Lamm steht ihm zur Seite. Neben ihm sind der Erzengel Michael mit Flammenschwert sowie zahlreiche musizierende Engel zu sehen. Die Engel spielen Harfen, Trompete (mit Fahne „Sanctus“), Cello, Pauke, Querflöte, Geige und Orgel. Auf einem Spruchband ist zu lesen: „Te Deum laudamus“ (Großer Gott, wir loben dich).

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Altarraum: Deckengemälde Lobpreis Gottes

Das andere Deckengemälde zeigt den Heilratsschluss Gottes. Gott hält in der einen Hand das Kreuz und in der anderen das Zepter. Um die Menschen von der Sünde zu befreien will er seinen Sohn Jesus opfern. Als Zeichen der Passion tragen zahlreiche Engel und Putten die Arma Christi: Palmzweig, Kelch, Buch, Martersäule, Dornenkrone, Essigschwamm, Lanze, Geißel, Korb mit Nägeln und Schweißtuch. Die Mutter Jesu erduldet den Heilratsschluss im Gebet. Sie ist als kosmische Mondsichelmadonna dargestellt: Sternenbekrönt steht sie auf dem im Weltraum schwebenden Erdball. Mit einem Fuß tritt sie auf die Mondsichel und mit dem anderen zertritt sie die Schlange. In einer kleinen Engelgruppe werden die göttlichen Tugenden Glaube (Kreuz), Liebe (Kuss) und Hoffnung (Anker) vorgestellt.

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Altarraum: Deckengemälde Gottes Heilratsschluss

Die beiden Wandgemälde zeigen das Opfer Noah (Noes) und das Opfer des Melchisedech. Dies sind Verweise auf den Alten Bund. In den Büchern Mose werden fünf Bündnisse aufgeführt, die Gott mit Adam, Noah, Abraham, Jakob und Mose geschlossen hat. Zeichen dieser Bünde sind die Brandopferaltäre, die Bundeslade, die eherne Schlange, die Gesetzestafeln, das Passahmahl , der Regenbogen und der Tempel (Stiftshütte). Der Neue Bund wird durch den Opfertod Jesu besiegelt. Das Wandgemälde an der Südseite zeigt die Familie Noahs betend vor dem Brandopfer. Im Hintergrund versammeln sich die Tiere. Links ist die Arche auf dem Berg Ararat, rechts der Regenbogen zu sehen.

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Altarraum: Wandgemälde Opfer des Noah

Das andere Wandgemälde stellt ebenfalls ein Brandopfer dar. Hier ist der alttestamentarische Priester Melchisedech zu erkennen, der Wasser aus einem Eimer auf ein Brandopfer gießt. Im Hintergrund rechts ist ein neuer Altar ohne brennendes Opfer zu sehen. Melchisedech gilt als der erste, der an Stelle von Tieren Brot und Wein als Opfergaben dargebracht hat. Damit ist er Vorbild für die später übliche Messfeier. Auf der linken Seite erkennen wir Abraham, der in Gefolge seiner Truppen zu Melchisedech kommt.

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Altarraum: Wandgemälde Opfer des Melchisedech

Ausstattung

Im August 2014 weihte der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt den neuen Zelebrationsaltar der Stiftskirche, der aus grünem Serpentinit (aus Rajastan in Indien) besteht. In den Altar ist eine Haar-Reliquie des Heiligen Papstes Johannes Paul II. eingelassen. Der hölzerne Vorgänger-Altar wurde erst nach dem zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) aufgestellt, als die katholische Kirche eine Liturgierreform beschloss, bei der der Priester zur Gemeinde steht.

Aus der Zeit des Abtes Martinus stammen zwei Kredenztische mit Scagliola-Platten, der Pontifikalthron von 1733 und die beiden barocken Wandleuchter. Die Tische zeigen das Wappen des Abtes mit den Jahreszahlen: 1739 und 1741. (Ursprünglich standen auch die beiden Gebetsstühle von 1859 im Altarraum.)