Josephskapelle

Die Josephskapelle wurde zwischen 1732 und 1745 als fast eigenständiger, sechseckiger Bau an der Südseite der Stiftskirche angebaut. 1663 war im Kloster Neuzelle eine Gebetsbruderschaft zum Heiligen Joseph gegründet worden. An der Südseite des Raumes befindet sich der Altar mit einem Tafelbild der Heiligen Familie flankiert von den Figuren Anna und Joachim, sowie Elisabeth mit dem Johannesknaben und Zacharias. Über dem Altar ist die Taube im Strahlenkranz zu sehen und darüber Gott im Strahlenkranz umgeben von zwei großen Anbetungsengeln und zahlreichen Putten. Auf den Konsolen sind vier Propheten dargestellt: Moses, David, Jeremia (mit Maria) und Abraham (mit Isaak). Die vollständig im Freskotechnik ausgestaltete Kuppel zeigt jeweils drei Szenen aus dem Leben des alttestamentarischen Josephs und Josephs von Nazareth, den Ziehvater Jesu.

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Ikonografisches Programm der Josephskapelle (Salesch)

 

Die Wände des Kapellenraums sind mit Stuckmarmor verkleidet, die Kuppel komplett feskant ausgemalt. Die Säulenarchitektur ist dabei in den Kuppelraum hineingezogen und wird an der Laterne von einem gemalten Vorhang dekorativ überdeckt. Die gemalten Säulen sind mit reichem floralem Schmuck verziert.

Von der Stiftskirche aus wird die Josephskapelle durch ein Portal betreten, dass sein Pendant auf der nördlichen Seite des Kirchenraumes zur Alten Sakristei hat. Es besteht aus eine Architektur mit gedrehten Säulen und geschwungenem Gebälk, auf dem Engel und Putten sitzen. Das barocke Fenster, dass vor dem Anbau der Josephskapelle an dieser Stelle war, ist nur zugesetzt und durch eine Freskomalerei mit Fenstersprossen und Wolkenlandschaft den übrigen Fenstern angeglichen. Über dem Portal zeigt ein Wappenschild die Verbindung zum Zisterzienserkloster Morimond (Kreuz mit MORS, Schriftumzug: CONVENTVS NOVAE CELLAE). Darüber ist  einw eiteres Wappenschild mit einer Inschrift in hebräischer Sprache (JAHWE) angebracht.

Der Altar wird von zwei Säulen eingefasst. Über dem Altartisch befindet sich der Tabernakel, der von Jesus am Kreuz und zwei Putten bekrönt wird. Das Tafelbild dahinter zeigt die Heilige Familie in Bethlehem. Es wird hier also eine untrennbare Verbindung zwischen der Geburt Jesu und seinem Tod hergestellt. Über Maria, Joseph und dem Kind schweben Engel mit einem Spruchband: Gloria in Ecelsis Deo.

Auf der rechten Seite des Altars stehen große Figuren von Anna, der Mutter Marias, und Elisabeth, der Mutter Johannes. Der Johannesknabe steht neben ihr. Auf der linken Seite sind Joachim, der Vater Marias, und Zacharias, der Vater Johannes, dargestellt.

Im Gebälk über dem Altar schwebt die Taube als Zeichen des Heiligen Geistes und darüber Gottvater, umgeben von einigen Putten. Zwei Anbetungsengel knien auf den Kapitellen der beiden Säulen am Altar.

Auf den übrigen Kapitellen sind vier Propheten zu sehen: Moses mit den Gebotetafeln und einem Putto, der eine Schriftrolle hält. David mit Harfe und einem Putto mit einem Buch. Jeremia mit geöffnetem Buch und Maria neben ihm. Abraham, der seinen Sohn Isaak zum Opferfeuer bringt.

In der Kuppel werden jeweils drei Szenen des alttestamentarischen Joseph und des neutestamentarischen Joseph gegenübergestellt. Ein Engel zeigt dem AT-Joseph, wie sich die Gestirne vor ihm verneigen. Der NT-Joseph wird von einem Engel  zur Unterstützung der schwangeren Maria angehalten.

Die zweite Szene zeigt zum einen den Verkauf des AT-Joseph an die ägyptischen Sklavenhändler und zum anderen die Flucht der Heilige Familie nah Ägypten.

Schließlich wird der AT-Joseph Statthalter in Ägypten und empfängt seine erstaunten Brüder. Der NT-Joseph wird zum Schutzherr der kirchlichen und weltlichen Würdenträger.

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Josephskapelle, NT-Joseph als Schutzherr (Detail)

Unter den weltlichen Würdenträgern, die den Heiligen Joseph um Schutz bitten, sind eine weibliche und eine männliche Person in barocker Tracht. Winfrid Töpler interpretiert sie als Karl VI. und Maria Theresia, da die Einrichtung der Josephskapelle gerade in die Zeit des Österreichischen Erbfolgekrieges (1740–1748) fällt. Dieser brach aus, als nach dem Tod Kaiser Karls VI. (und damit dem Aussterben des Hauses Habsburg im Mannesstamm) seine Tochter Maria Theresia den österreichischen Erzherzogsthron bestieg und mehrere europäische Fürsten eigene Ansprüche auf die Habsburger Erblande bzw. das römisch-deutsche Kaisertum erhoben. Der Konflikt wuchs sich zu einem weltumspannenden Krieg aus. Neuzelle war von diesem Krieg mittelbar betroffen, da u. a. Friedrich August von Sachsen (der Landesherr der Niederlausitz) Ansprüche stellte und Friedrich II. von Preußen die Gelegenheit nutzte, indem er für eine Anerkennung der 1713 von Karl VI. vorgeschlagenen Regelung (Pragmatische Sanktion) die Provinz Schlesien verlangte. Er rückte am 16. Dezember 1740 in Schlesien ein. Der Erste Schlesische Krieg löste den eigentlichen österreichischen Erbfolgekrieg aus.