Kanzel und Tauf-Altar

In der Mitte des Kirchenraumes stehen auf der Nordseite die Kanzel und auf der Südseite der Tauf-Altar. Beide wurden im Unterschied zu den übrigen Altären nicht aus Stuck sondern aus Holz gefertigt und vergoldet. Beide sollen vom sogenannte Teplitzer Meister geschaffen und von J. Wenzel Löw farblich gefasst worden sein. Von Löw gibt es eine Signatur am Tauf-Altar. Sie sind die höchsten Einbauten und nehmen von daher eine wichtige Funktion in der perspektivischen Gliederung des Raumes ein. Optisch bilden sie einen Ausgleich zum Hochaltar. Sie stehen auch theologisch für den Kern des Christentums: Die Verkündigung des Wort Gottes (Bibel und Predigt) und das Bekenntnis zwischen Mensch und Gott (Taufe).

Kanzel

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
Kanzel

Die Kanzel ist zweiteilig aufgebaut. Da der untere Kanzelkorb von einem Engel getragen und der obere Schalldeckel von Jesus als guten Hirten bekrönt wird, ergibt sich eine schön komponierte Gesamtstruktur mit oben und unten spitz zulaufenden Enden. Sowohl Kanzelkorb wie Schalldeckel sind reichlich mit Ornamenten und Figuren verziert. Einige Putten sind sogar unabhängig am Pfeiler montiert. Sie wenden sich der Kanzel zu, so als ermahnten sie den Priester, der hier steht, eine ordentliche Predigt zu halten. Im Schalldeckel ist eine Taube als Symbol des Heiligen Geistes montiert. An der Säule hängt ein Relief, dass den zwölfjährigen Jesus im Tempel zeigt. Die Treppe, die im Norden um den Pfeiler herum führt, ist beidseitig mit aufwendig gestalteten Türen versehen. Der tragende Engel unter der Kanzel hält das Wappen des Auftraggebers: „Martinus Abbas Nova Cella – 1728“.

Auf der Kanzelbrüstung sitzen die vier Evangelisten mit Buch und Federkiel. Sie lassen die Beine baumeln und werden jeweils von ihrem Symbol begleitet. Die Figuren zeigen eine gewisse Lässigkeit. So hat Lukas sein schweres Buch auf dem Nacken des Stieres abgelegt und versucht reitend zu schreiben. Johannes blickt gen Himmel in der Erwartung einer göttlichen Eingebung. Markus hat die Lippen gespitzt, um seinen Text schon einmal vorzuformulieren, während Matthäus als erster fertig ist und sein aufgeschlagenes Buch den gläubigen Menschen präsentiert.

Hinter den vier Evangelisten sind Reliefs angebracht, die die vier Kardinaltugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit und Tapferkeit) zeigen. Die Klugheit wird durch eine Frauengestalt kenntlich gemacht, die einen Spiegel hält. Justitia mit Schwert und Waage steht für die Gerechtigkeit. Ein Mann, der über einer liegenden Personen einen Kelch ausgießt, ist der Gegensatz der Mäßigkeit. Stellvertretend für die Tapferkeit steht eine Person mit einem Kanonenrohr.

Auf dem Schalldeckel sind die drei göttlichen Tugenden (Glaube, Hoffnung und Liebe) zu sehen. Ganz oben steht Jesus, der das verlorene Schaf auf seinen Schultern zur Herde zurück bringt. Sein Haupt ist von einem großen Strahlenkranz umgeben. Die göttlichen Tugenden werden durch mehrere Figuren (Frauen, Engel und Putten) versinnbildlicht. Von Norden: Eine Frau hält ein Relief mit der Darstellung des Himmlischen Jerusalem. Neben ihr zeigt ein Putto ein Relief, auf dem sechs (!) Augen zu sehen sind, als Sinnbild der wachen christlichen Kirche. Die Hoffnung wird von einer Frau mit Anker und einem Putto mit Buch und Banderole repräsentiert. im Zentrum des Schalldeckels steht der Glaube, das ist eine Frau mit Kreuz und Kelch und ein Putto mit einem Spiegel als Zeichen der Klugheit. Rechts daneben verweist eine Frau mit einem Kind, das ein brennendes geflügeltes Herz hoch hält, auf die Liebe. Ein Engel zeigt ein Relief, dass die Schlüsselübergabe an Petrus zeigt. Ein Hinweis auf das Papsttum.

Der Aufgang zur Kanzel führt im Norden um den Pfeiler herum. Die untere Tür ist mit einem Relief verziert, dass die Himmelsleiter (Tugendleiter) zeigt. Umrahmt wird die Tür von einem illusionistisch drapierten Vorhang (in gleicher Art wie am Schalldeckel) und von gedrehten Säulen mit korinthischen Kapitellen. Ein Doppelseitiges Relief über der Tür zeigt, wie Mose seinen Leuten die zehn Gebote präsentiert und wie er die eherne Schlange erhöht. Darüber ist ein Strahlenkranz mit einem Dreieck angebracht, in dem auf der Außenseite „Jahwe“ (in hebräischen Lettern) als Symbol für das Alte Testament und auf der Innenseite das Christusmonogramm mit Kreuz und Herz als Symbol für das Neue Testament steht. Der Aufgangs selbst ist mit zwei Reliefs verziert: Jesus wirft die Händler aus dem Tempel und Jesus heilt die Aussätzigen.

Tauf-Altar

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
Tauf-Altar

Der Tauf-Altar besteht aus einem plastischen Altarbild, das von gedrehten Säulen mit korinthischen Kapitellen und vier Heiligenfiguren umrahmt wird. Darüber befinden sich zwei Etagen, die reich mit Figuren besetzt sind. Auch der Tauf-Altar wurde aus Holz gearbeitet und vergoldet. Das Wappen des Abtes Martinus Graff datiert den Altar in das Jahr 1730, also zwei Jahre nach der Kanzel.

Im Zentrum des Altars sehen wir, wie Johannes Jesus tauft. Die beiden Figuren stehen vor einem Relief, das zum Teil vollplastisch ausgearbeitet ist. Es zeigt eine Landschaft mit Felsen, Bäumen und dem Fluss Jordan. Johannes gießt silbernes Wasser aus einer Muschel über das Haupt Jesu. In seiner linken Hand hält er ein Kreuz mit einer Banderole: „Ecce Agnus Dei“ (Siehe, das ist Gottes Lamm). Putten und geflügelte Puttenköpfe umschweben die Szene.

Unter der Taufszene befindet sich ein Tabernakel, in dem geweihte Hostien aufbewahrt werden. Auf der Tabernakeltür ist die Kreuzigung Jesu dargestellt mit Maria, die ihrem Sohn die Füße küsst und dem Totenschädel Adams. Somit wird schon in der Taufe Jesu auf das gesamte Leben Jesu und seinen Opfertod hingewiesen.Am Tauf-Altar sind zwei Reliefs aus dem Leben des Täufers angebracht. Eines zeigt den Besuch des Johannes beim Jesus-Knaben. Er bringt Geschenke mit, die auf den Rücken eines Schafes gebunden sind. Bei Jesus stehen Maria und Joseph. Im Hintergrund ist eine Architektur angedeutet mit Elisabeth und Zacharias, den Eltern des Täufers. Das zweite Relief zeigt Johannes im Kerker. Er spricht sehr emotional mit zwei Besuchern, denen er vermutlich Jesus als den Messias  ankündigt. Im Hintergrund ist ebenfalls eine Architektur angedeutet. Eine geöffnete Tür zeigt weitere Personen vor dem Kerker. Es dürfte sich um Jesus mit einigen Jüngern handeln.

Durch die Taufe wird der Mensch in die christliche Kirche eingegliedert. Um die römisch-katholische Kirche als die wahre Kirche Jesu Christi darzustellen, wird die Taufszene von vier Kirchenlehrern flankiert. Auf der linken Seite stehen Papst Gregor I., dem eine Taube die Melodie des gregorianischen Chorals ins Ohr singt, und der Heilige Ambrosius von Mailand mit einem Bienenkorb. Gregor (vor 540 – 604) organisierte die Armenpflege und erneuerte die Liturgie und Kirchenmusik. Ambrosius (vor 340 – 397) zeichnete sich durch ein mutiges Eintreten für die Freiheit der Kirche gegenüber dem Staat und eine intensive Seelsorgetätigkeit aus. Auf der rechten Seite stehen der Heilige Augustinus mit einem Kind zu seinen Füßen, das einen Schöpflöffel hält, und der Heilige Hieronymus mit dem Löwen. Auf dem Schwanz des Löwen findet sich die Signatur „J Wenzel Löw“. Augustinus (354 – 430) war einer der größten Theologen der christlichen Kirche. Das Kind zu seinen Füßen verweist auf eine Legende. Der Heilige Augustinus stand einmal am Strand  und grübelte über das Geheimnis der Dreifaltigkeit. Da sah er ein kleines Kind, das am Strand spielte. Es hatte eine Grube gegraben und holte nun eifrig Wasser vom Meer, um es in die Grube zu schütten. Augustinus fragte das Kind, was es denn da tue, und erhielt die Antwort, dass es das Meer in die Grube schütten wolle. Augustinus erkannte: So wie es unmöglich ist, das Meer in eine kleine Grube zu schütten, so ist es auch unmöglich, die Dreifaltigkeit Gottes mit dem beschränkten menschlichen Verstand zu begreifen. Hieronymus (um 347 – 419) zählt ebenfalls zu den großen Theologen. Er übersetzte die hebräische Bibel ins Lateinische.

Im Tauf-Altar gibt es zwei weitere Geschosse mit zahlreichen Figuren. Sieben Frauengestalten stellen die Tugenden dar. Die Klugheit hält einen Spiegel und eine Kugel mit den Sternkreiszeichen in der Hand. Die Tapferkeit ist mit Kanonenrohr und Geißel bewaffnet.  Die Liebe hält mit einer Zange ein brennendes Herz in die Höhe. Die Hoffnung erscheint mit einem Sonnenstab und einem Buch. Der Glaube hält ein Kirchenmodell und ein Kreuz in Händen. Die Mäßigkeit trägt eine brennende Öllampe und ein offenes Buch. Die Gerechtigkeit hält in der einen Hand ein Schwert und in der anderen einen Stab mit einem göttlichen Auge. Über allen Tugenden schwebt die Taube als Symbol des Heiligen Geistes in einem Strahlenkranz.

Eine Ebene höher thront Gottvater mit Weltkugel und Zepter in einem Strahlenkranz. Er macht die Dreifaltigkeit im Tauf-Altar komplett. Umgeben ist er von sieben (!) Erzengeln. Die Darstellung der Erzengel Jehudiel, Sealtiel und Barachiel ist in der römisch-katholischen Kirche selten. In der Stiftskirche Neuzelle sind folgende Erzengel auf dem Tauf-Altar zu sehen: Ein Erzengel mit einem Buch, ein Erzengel mit einer Trompete, Gabriel mit erhobenem Zeigefinger (als Verkünder der Geburten Jesu und Johannes), Michael mit Waagschale und Flammenschwert, Rafael mit einem Fisch, Uriel mit Zaumzeug (als Lenker der feurigen Rosse des Elias) und ein Erzengel mit Weihrauchgefäßen.

 

Der Taufstein, der heute in der Stiftskirche steht, wurde wohl ebenfalls vom Teplitzer Meister geschaffen. Die Bekrönung des Taufsteins mit den Figuren Johannes und Jesus weisen große Ähnlichkeiten zum Tauf-Altar auf. Ursprünglich stand dieser Taufstein in der Kreuzkirche und wurde erst nach der Auflösung des Klosters 1817 in die Stiftskirche gebracht.